Ein Screenreader ist eine assistive Technologie, die digitale Inhalte – etwa Texte, Links oder Bilder – entweder laut vorliest oder an eine Braillezeile weiterleitet. So werden Webseiten, Apps oder Dokumente für blinde und sehbehinderte Menschen nutzbar gemacht.

Das Internet ist für viele Menschen der wichtigste Zugang zu Informationen, Bildung, Arbeit und sozialer Interaktion. Doch was für viele selbstverständlich ist, stellt für blinde und sehbehinderte Menschen eine Herausforderung dar.
Hier kommen Screenreader ins Spiel – spezielle Softwarelösungen, die digitale Inhalte in Sprache oder Brailleschrift umwandeln. Doch wie genau funktionieren Screenreader? Welche Programme gibt es? Und was müssen Webentwickler:innen beachten, um ihre Webseiten screenreader-freundlich zu gestalten? In diesem Artikel erfährst du alles, was du über Screenreader wissen musst – von der technischen Grundlage bis hin zu Best Practices für eine barrierefreie Webentwicklung.
Ein Screenreader ist eine assistive Software, die digitale Inhalte laut vorliest oder an eine Braillezeile weiterleitet. EineBraillezeile ist ein spezielles Ausgabegerät, das Texte in Blindenschrift (Brailleschrift) darstellt. Durch kleine mechanische Stifte, die sich heben und senken, können blinde oder sehbehinderte Menschen digitale Inhalte tastbar erfassen und navigieren.
Screenreader ermöglichen es Menschen mit Sehbeeinträchtigungen, Computer, Smartphones und Webseiten selbstständig zu nutzen. Sie sind nicht nur für Menschen mit vollständiger Erblindung essenziell – auch Personen mit starken Sehbeeinträchtigungen oder kognitiven Einschränkungen profitieren von dieser Technologie.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es weltweit über 253 Millionen Menschen mit einer Sehbehinderung, davon sind rund 36 Millionen vollständig blind. In Deutschland leben etwa 1,2 Millionen Menschen mit einer schweren Sehbeeinträchtigung oder Erblindung.
Doch Sehprobleme betreffen nicht nur Menschen mit angeborenen oder erworbenen Sehbehinderungen. Mit zunehmendem Alter nimmt die Sehkraft natürlicherweise ab. Viele ältere Menschen leiden anAltersweitsichtigkeit, Makuladegeneration oder grauem Star, was das Lesen von Texten und die Nutzung digitaler Geräte erschwert.
Screenreader und barrierefreie Gestaltung sind daher nicht nur für eine kleine Gruppe relevant, sondern helfen einer wachsenden Anzahl von Menschen, die mit visuellen Einschränkungen leben.
Screenreader analysieren nicht nur den reinen Text, sondern auch die Struktur und Bedeutung der Inhalte. Sie erkennen unter anderem:
Screenreader liefern nicht nur eine reine Vorlesefunktion, sondern bieten auch wichtige kontextuelle Informationen. Sie informieren Nutzer:innen beispielsweise darüber, ob ein Element eine Überschrift, eine Schaltfläche oder ein klickbarer Link ist. So können blinde Menschen nicht nur lesen, sondern auch gezielt navigieren und interagieren.
Es gibt verschiedene Screenreader, die für unterschiedliche Betriebssysteme optimiert sind. Einige sind bereits in das Betriebssystem integriert, während andere als zusätzliche Software installiert werden müssen.

Blinde Nutzer:innen verwenden keine Maus, sondern steuern den Screenreader ausschließlich über die Tastatur. Dabei gibt es spezielle Tastaturkürzel (Shortcuts), um effizient zu navigieren. Apple-Geräte wie Macs, iPhones und iPads haben den VoiceOver-Screenreader standardmäßig integriert. Da blinde Nutzer:innen keine Maus verwenden, erfolgt die Steuerung ausschließlich über Tastenkombinationen.
Was viele nicht wissen: Alle gängigen Betriebssysteme haben bereits einen Screenreader integriert! Menschen mit Sehbeeinträchtigungen nutzen jedoch oft zusätzlich leistungsfähigere Programme wie JAWS oder NVDA, die erweiterte Funktionen bieten.
Für einen ersten Test reichen aber die vorinstallierten Screenreader völlig aus.
Auf dem Mac wird VoiceOver mit der VoiceOver-Taste (VO, meist Control + Option) in Kombination mit anderen Tasten gesteuert.
Screenreader sind eine Schlüsseltechnologie für digitale Inklusion. Ohne sie wären viele Inhalte für Millionen von Menschen nicht nutzbar. Doch Screenreader allein reichen nicht – Webseiten müssen barrierefrei programmiert sein.

Digitale Barrierefreiheit ist nicht nur eine Frage der Ethik oder Nutzerfreundlichkeit – sie ist auch gesetzlich vorgeschrieben. Unternehmen, Behörden und öffentliche Einrichtungen sind in vielen Ländern dazu verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zugänglich zu machen.
WCAG (Web Content Accessibility Guidelines)
BITV 2.0 (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung, Deutschland)
BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, Deutschland)

Um sicherzustellen, dass eine Website optimal für Screenreader zugänglich ist, sollten Entwickler:innen und Websiteverantwortliche die folgenden Best Practices beachten:
Eine der wichtigsten Grundlagen für barrierefreie Webseiten ist eine gut strukturierte HTML-Auszeichnung. Screenreader nutzen die semantische Struktur, um den Inhalt sinnvoll zu interpretieren und Nutzer:innen eine effiziente Navigation zu ermöglichen.
Screenreader können Bilder nicht „sehen“ – daher sind aussagekräftige Alternativtexte (alt-Attribute) entscheidend. Diese Texte sollten kurz und präzise den Inhalt oder Zweck eines Bildes beschreiben.
ARIA (Accessible Rich Internet Applications) kann helfen, dynamische und interaktive Inhalte für Screenreader zugänglich zu machen. Sie sind besonders wichtig für moderne Webanwendungen, Formulare und interaktive Elemente, die mit JavaScript gesteuert werden.
Viele Menschen, die Screenreader nutzen, bedienen Webseiten ausschließlich mit der Tastatur. Daher müssen alle interaktiven Elemente auch ohne Maus erreichbar sein.
Formulare gehören zu den größten Herausforderungen für Screenreader-Nutzer:innen. Fehlende Beschriftungen oder eine schlechte Struktur machen sie oft unbenutzbar.
Interaktive Beispiele und Code-Snippets für barrierefreie Webelemente findest du in unserer Checkliste.
Screenreader ermöglichen blinden und sehbehinderten Menschen den Zugang zu digitalen Inhalten. Doch ihre Wirksamkeit hängt davon ab, wie barrierefrei Webseiten und Anwendungen gestaltet sind. Barrierefreiheit ist kein Extra, sondern eine Notwendigkeit – sie verbessert die Nutzererfahrung für alle und erfüllt gesetzliche Vorgaben.
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